Widerspruchslösung vor neuem Anlauf?

04.06.2021
Pressemitteilung MdB

"Bittere" Bilanz zum Tag der Organspende

OSTFRIESLAND/EMSLAND. Seit 1983 gibt es in Deutschland den "Tag der
Organspende". Mit diesem Aktionstag soll an Organspender gedacht und ihnen

gedankt werden. Und es geht um Aufklärung. "Der Tag der Organspende ist ein
guter Anlass, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Ich würde mir wünschen,
dass in den Familien über die Wünsche und Vorstellungen gesprochen wird, sie
jeder für seinen Körper hat, sollte der Fall der Fälle eintreten und eine
Organspende im Raum stehen. Denn oft sind Stunden entscheidend"; weiß
Barbara Backer, Vorsitzende des Vereins Organtransplantierte Ostfriesland
e.V..

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann begleitet den Verein seit
seiner Gründung. Für die Heselerin ist es ein Herzensthema. Auch aus eigener
Betroffenheit. Einer ihrer Mitarbeiter war selbst auf eine Organspende
angewiesen. Er starb, weil das rettende Organ nicht schnell genug gefunden
werden konnte. Auch deshalb hatte Connemann im Deutschen Bundestag für die
sogenannte Widerspruchslösung gekämpft. Danach wäre jeder Mensch, der an
einem Hirntod stirbt, automatisch Organspender geworden, es sei denn, er
hätte zu Lebzeiten widersprochen. Die Mehrheit des Deutschen Bundestages
entschied sich allerdings für die  sog. Zustimmungslösung. Ab dem 16.
Lebensjahr wird jeder regelmäßig befragt, ob er nach seinem Hirntod
Organspender werden will - z.B. bei der Abholung des Personalausweises.
Connemann hatte allerdings befürchtet, dass sich mit dieser Lösung nicht
viel ändern würde.

Gemeinsam ziehen Backer und Connemann am Tag der Organspende eine bittere
Bilanz. "Es hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Die Anzahl an Spenden
ist erneut zurückgegangen. Das Thema wird leider zu häufig ausgeblendet.
Aber es geht nicht nur um Sterben und Tod sondern um Nächstenliebe. Denn
jede Organspende rettet Leben. Und es geht darum, seine Angehörigen zu
entlasten.", betont Connemann. In der Tat sinken die Zahlen, obwohl das
Thema Organspende - nicht zuletzt durch die Berichterstattung und die
Debatte rund um die Bundestagsabstimmung - viel Aufmerksamkeit bekam.
Dennoch wurden 2020 nur noch 2.941 Organe gespendet. Im Vergleich: 2018
waren es noch 3.113 - 2019 konnten noch 2.995 Organe transplantiert werden.

Der Einbruch im Corona-Jahr 2020 war zwar nicht so dramatisch wie in vielen
europäischen Ländern. Allerdings auch einfach zu begründen. Deutschland
hatte mehr Intensiv-Kapazitäten in den Krankenhäusern. Somit konnten auch
weiterhin Organentnahmen und -transplantationen durchgeführt werden. Es
fehlten aber dadurch auch Organe aus den sieben Partnerländern des
Eurotransplant-Verbundes. Deutschland ist das Land, das dort am meisten
Organe nachfragt. Von insgesamt 14.000 Menschen auf der Warteliste sind
derzeit 9.200 Deutsche.

Doch eine Zahl macht Hoffnung. Denn seit 2018 steigt die Zahl der
organbezogenen Kontakte. Auf Initiative von Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn gibt es inzwischen in jedem Krankenhaus Transplantationsbeauftragte
mit verpflichtenden Aufgaben und Entschädigungen für die Kliniken. So werden
immer mehr potentielle Spenderinnen und Spender werden in den Krankenhäusern
gefunden. In den vergangenen drei Jahren stieg die Zahl von 2.811 auf 3.099
Kontakte. "Das ist eine Entwicklung in die richtige Richtung. Es sind 288
Kontakte mehr. Wenn man bedenkt, dass ein Spender bis zu sieben Menschen das
Leben retten kann, haben wir damit die Chance 2.016 Familien eine Tragödie
zu ersparen.", so Backer. Fehlt dann nur noch die Zustimmung der Angehörigen
bzw. der bekundete Wille zur Organspende.

Zwar kam die ersehnte Widerspruchslösung im Januar 2020 nicht. Aber
Connemann zeigt sich kämpferisch. "Die Widerspruchslösung kam NOCH nicht.
Aber ich werde weiter dafür kämpfen. Umfragen zeigen: viele Menschen sind
offen für eine Organspende. Aber gleichzeitig haben die meisten Menschen
keinen Ausweis. Wir dürfen das Thema nicht beiseitelegen und auf ein Wunder
warten."

Eine Chance das Thema Widerspruchslösung noch einmal zur Abstimmung zu
bringen, hat Barbara Backer mit Ihrem Verein, vielen Betroffenen und
Vereinen bereits ergriffen und in gemeinsamer Arbeit für Abstimmung 21 eine
Petition eingereicht.
Das Portal "Abstimmung 21" hat die erste selbst organisierte bundesweite
Volksabstimmung organisiert. Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger zur
Bundestagswahl in diesem Herbst über vier gesellschaftlich relevante Themen
abstimmen zu lassen. Neben den Themen Klimawende 1,5 Grad, Bundesweite
Volksabstimmung und Keine Profite mit Krankenhäusern steht auch das Thema
Organspende zur Abstimmung. Teilnehmen daran können alle Menschen, die zur
Bundestagswahl wahlberechtigt sind. Außerdem gibt es eine extra
Jugendabstimmung für 16- und 17-Jährige.

Um teilzunehmen, müssen Interessierte auf der Seite
https://abstimmung21.de/#abstimmungsunterlagen ihre Abstimmungsunterlagen
bestellen.

Derzeit haben sich bereits über 170.100 Menschen angemeldet. Backer
appelliert in diesem Zusammenhang an Ostfriesinnen und Ostfriesen, an die
Emsländerinnen und Emsländer: "Dies ist eine neue Chance. Nutzen wir sie und
lassen sie uns gemeinsam ein weiteres Mal hoffen. 9.200 Menschen in
Deutschland warten derzeit auf ein Organ. 9.200 Leben, die wir gemeinsam
retten können."

Connemann appellierte: "Das Motto des Tags der Organspende lautet
"Entscheide dich". Und darum bitten wir. Entscheide Dich - für die
Organspende."

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Bildunterschrift: Gitta Connemann und Barbara Backer